....unser Bericht
zum Einsatz!
 
A9 bei Schleiz:  40 Tonnen ungebremst ins Stauende gerauscht
Es gibt Dinge auf der Welt, die wollen wir als Retter und Sie als Autofahrer nie erleben. Und trotzdem passieren sie von einem Moment auf den anderen.
Versuchen Sie sich nicht nur ansatzweise zu überlegen was passiert, wenn Sie am Stauende zum Stehen kommen und von hinten rast ein 40-Tonner heran.
Doch genau das war am 05.06.2018 Realität zwischen den beiden Schleizer Anschlussstellen auf der Bundesautobahn 9 nahe dem Parkplatz "Himmelsteiche" in Richtung Süden.

Die Wucht des Aufpralls des ungebremst auffahrenden Lastzuges war so enorm, dass ein 7,5-Tonnen-Verkaufswagen zwischen dem auffahrenden Lastzug und eines anderen davor stehenden Lastzuges derart zerquetscht wurde, dass er erst während ersten Bergungsmaßnahme des vorderen Lastzuges den Rettern sichtbar wurde.

Doch nun die Geschehnisse der Reihe nach.
Um 14:33 Uhr wurden die Einsatzkräfte des DRK- Rettungsdienstes, der Schleizer Feuerwehr, der Notarzt aus Schleiz und ein Rettungshubschrauber zu einem schweren Motorradunfall auf dem genannten Streckenabschnitt alarmiert.

Wegen der Landung des Hubschraubers am Kilometer 225,0 musste umgehend die Autobahn komplett gesperrt werden.
Vorbildlich sicherten Kräfte der Schleizer Feuerwehr mittels der mobilen Vorwarntafel die Einsatzstelle nahe dem Parkplatz "Himmelsteiche" weit sichtbar ab.

Während das Sicherungsfahrzeug wegen des immer weiter ansteigenden Staus umgesetzt werden musste, kam es dann zum folgenschweren Unfall.
   
   
  Insgesamt waren vier Lastzüge und der  7,5-Tonner-Verkaufswagen in dem Unfall verwickelt. Der hintere Lastzug (der ins Stauende krachte) fuhr so energiegeladen auf, dass nicht nur der komplette kleinere Verkaufswagen verschwand, sondern krachte schlussendlich auch noch auf den Lastzug davor ins Heck.
Sofort fing das Ganze auch noch an zu brennen. Der später aus dem Mercedes-Verkaufswagen geborgene Fahrer war gleich verstorben, wurde allerdings wegen der "Nichtsichtbarkeit" seines Fahrzeuge nicht vermisst.

Der ukrainische Lastzugfahrer des auffahrenden Lastzuges war extrem schwer eingeklemmt. Rund um ihn im Fahrerhaus schlugen Flammen empor. Ersthelfer drückten insgesamt 26 Feuerlöscher aus im Stau stehenden Lastzügen ab und versuchten somit die Flammen zu löschen. Sie nahmen schlussendlich Wasserflaschen und versuchten die Flammen bis zum Eintreffen der Rettungskräfte niederzuschlagen um dem Fahrer irgendwie zu helfen. Doch die Tür war verkeilt und der Fahrer zwischen seinem Sitz, dem Lenkrad und Armaturenbrett eingeklemmt. Die Flammen schlugen dann auch auf den vorderen Lastzug über.

Nur dank der Ersthelfer und der eiligst vom ersten Einsatz abgezogenen Einsatzkräfte musste der Fahrer nicht am lebendigen Leib verbrennen. Die Feuerwehr Schleiz war binnen kurzer Zeit am Einsatzort und hatte alle Hände zu tun, um zu löschen und gleichzeitig mit den Rettungsmaßnahmen zu beginnen. Eine Anfahrt aus dem Feuerwehrgerätehaus, womöglich noch durch einen Stau, wäre der sichere Tod für den Lastzugfahrer gewesen.

Umgehend wurden die Kameraden der Feuerwehr Triptis und später auch die Besatzung des Tanklöschfahrzeuges Hirschberg zum Einsatzort alarmiert. Mit vereinten Kräften wurde rund zwei Stunden lang immer wieder gelöscht und die Rettung mittels sechs Rettungszylindern, zwei Rettungsscheren, einem Pedalschneider und zwei Spreizern durchgeführt.

Löschen und Retten gleichzeitig - das war eine enorme Belastung für die Einsatzkräfte und kam so in den letzten Jahren auch nie vor. Der Rauch zog ständig durch die Fahrerkabine. Rund um den Fahrer stiegen regelmäßig Flammen auf. Die Einsatzkräfte arbeiteten förmlich in der Dusche des Löschwassers.

Der zweite Rettungshubschrauber des Nachmittags landete an der Unfallstelle und übernahm den Patienten mit schwersten Verletzungen.

Während der Rettungsarbeiten konnte durch den Abschleppdienst Klug der brennende vordere Lastzug ca. fünf Meter weggezogen werden. Dabei kamen die Überreste des Verkaufswagens zum Vorschein. Auch die getötete Person wurde in den Trümmern sichtbar. Es konnte zunächst auch nicht ausgeschlossen werden, ob sich weitere Opfer im Verkaufsfahrzeug befanden.

Die Lösch- und Bergungsarbeiten zogen sich dann bis zwei Uhr hin. Ein weiterer Einsatz war noch abzuhandeln. Die bereits durch die Hirschberger Einsatzkräfte abgelöschte Ladung war in vier Containern ins Schleizer Industriegebiet Wolfgalgen verbracht worden. Dort schlugen erneut Flammen hoch, also wurde kurzerhand noch ein weiterer Schaumeinsatz durchgeführt. Insgesamt kamen bei den Einsätzen rund 50.000 Liter Wasser und 240 Liter Schaumkonzentrat zum Einsatz.

Die Einsatzführung bedankt sich bei allen Einsatzkräften, die teilweise bis an die Erschöpfungsgrenze unter schwierigsten Bedingungen eine sehr gute Arbeit geleistet haben. Dem geretteten Fahrer wünschen wir schnellste Genesung.
Den Angehörigen des Opfers aus dem Verkaufswagen wünschen viel Kraft für die folgenden schweren Stunden und Tage. Außerdem möchten wir hiermit unser Mitgefühl aussprechen.

   
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Bericht der OTZ vom 07.05.2018

 

Ungebremst ins Stauende gerast: Weitere Details zu den schweren Unfällen am Dienstag auf der A 9 bei Schleiz

 

Schleiz. Nach den schweren Unfällen am Dienstagnachmittag auf der Bundesautobahn 9 bei Schleiz sind nun weitere ­Erkenntnisse bekannt.

Demnach handelte es sich bei dem Toten um einen 53-jährigen Mann aus dem Saale-Holzland-Kreis. Er war mit seinem 7,5-Tonner, einem Verkaufsfahrzeug, zwischen zwei 40-Tonnern zerquetscht worden. Die Autobahnpolizei geht davon aus, dass der Thüringer sofort tot war. Der Verkaufswagen befand sich hinter drei bereits stehenden Sattelschleppern, die durch den Aufprall eines vierten Sattelschleppers auf den Verkaufswagen alle ineinander geschoben wurden. Die bei dem Aufprall des vierten Sattelzuges zerstörte Tachoanzeige des Fahrzeugs zeigte eine Geschwindigkeit von knapp 80 Kilometern pro Stunde an. Laut Schleizer Feuerwehr ist an den Unfallspuren ersichtlich, dass der vierte Sattelschlepper den Verkaufswagen noch gut 80 Meter vor sich her schob, bis das Fahrzeug des 53-Jährigen in die drei vor ihm stehenden Lastwagen gepresst wurde. Ein Sachverständiger vor Ort nahm die Unfallspuren für einen in der Entstehung befindlichen Bericht zum Unfallhergang auf.

Der verunfallte 33-jährige Motorradfahrer aus Berlin, durch dessen Rettung sich der Stau auf der Bundesautobahn 9 in Höhe Görkwitz entwickelte, ist außer Lebensgefahr. Medizinisch stabil ist auch der Lastwagenfahrer, der mit seinen in Polen zugelassenen 40-Tonner den Verkaufswagen des Unfalltoten auf einen mit Papierrollen beladenen Sattelschlepper schob. Der 40-jährige Ukrainer wurde in einer zweistündigen Rettungsaktion aus seiner immer wieder aufflammenden Fahrerkabine heraus­geschnitten.

Der Mann habe wirklich Glück gehabt, dass viele Ersthelfer die Flammen in der Fahrerkabine bis zum Eintreffen der Schleizer Feuerwehr eindämmten. „Die Ersthelfer haben mit 16 Feuerlöschern und bei unserem Eintreffen mit Wasser­flaschen den Brand in Schach gehalten. Wäre das nicht gewesen und wir nicht schon so nah an der Unfallstelle, wäre der Mann lebendig verbrannt“, schildert der Schleizer Stadtbrandmeister Ronny Schuberth. Trotz der Nähe der Einsatzkräfte zur Unfallstelle habe es zeitliche Verzögerungen wegen einer nicht ordnungsmäßig gebildeten Rettungsgasse gegeben. Hätten die Einsatzkräfte jedoch aus ihrem Gerätehaus in Schleiz zur Rettung ausrücken müssen, wäre der Eingeklemmte bei ihrem Eintreffen wohl schon ein Opfer der Flammen gewesen.

„Nur der Fahrersitz hat noch nicht gebrannt aber oben, unten und rechts von dem Fahrer sind die Flammen bis zum Dach der Fahrerkabine gezüngelt.“ Die Rettung des Mannes dauerte auch deshalb so lange, weil die beiden Sattelzüge „formschlüssig verkeilt“ waren, beschreibt Schuberth. Da bei dem vorderen Lastwagen aufgrund des harten Aufpralls die Bremsen blockiert waren, konnten die Fahrzeuge nicht auseinander gezogen werden. „Eine Rettung von vorne war nicht möglich. Wir haben die besten Rettungsgeräte, die es auf dem Markt gibt, aber einen voll beladen 40-Tonner mit festen Bremsen können wir nicht bewegen.“ Deshalb musste der Mann Stück für Stück freigeschnitten werden. Zwischendurch mussten die in der Fahrerkabine immer wieder aufflammenden Feuer gelöscht werden. „So einen Einsatz, mit parallelem Löschen und Retten, hatte ich das erste Mal“, erzählt der Stadtbrandmeister.

Insgesamt waren mehr als 30 Feuerwehrkräfte aus Schleiz, Triptis und Hirschberg im Einsatz. Nach der erfolgreichen Rettung des 40-Jährigen, konnten die Einsatzkräfte vereinzelt kurz verschnaufen, Einsatzleiter Schuberth ließ Kaffee und alkoholfreie Kaltgetränke zum Einsatzort bringen. „So eine lange Rettung ist unglaublich kräftezehrend. Wobei man bedenken muss, dass die meisten Einsatzkräfte bei Einsatzbeginn schon einen Großteil ihres Arbeits­tages hinter sich hatten.“

Wie schon so oft hatten die Einsatzkräfte auch bei diesem tragischen Unfall mit Schaulustigen zu tun. Einer von ihnen wurde von den Einsatzkräften bei der Polizei angezeigt, weil er einen Feuerwehrmann mit Gewalt dazu drängen wollte, das Geschehen an der Unfallstelle zu filmen. Wie die Feuerwehr im Nachhinein erfuhr, war der Angezeigte zuvor einer der Ersthelfer gewesen, die das Leben des eingeklemmten Lastwagenfahrers mit retteten. Als die Bergung des Toten begann, wurden die Schaulustigen auf der Brücke über der Autobahn auf Bitten Schuberths von der Polizei weggeschickt.

Ab 21 Uhr konnten die Einsatzkräfte wechselweise in der Gaststätte in der Seng mit Abendessen versorgt werden. „Das gehört zum Teil auch mit zur Aufarbeitung. Außerdem waren wir danach noch viele Stunden mit der Bergung beschäftigt.“ Bis 2 Uhr nachts dauerten die Bergungsarbeiten an. Die Papierrollen auf dem Lastwagen, in dessen Heck der Verkaufswagen gequetscht wurde, flammten immer wieder auf. Die Papierrollen wurden einzeln geborgen, abgelöscht, in Stahlcontainern abtransportiert und noch bis 3 Uhr nachgelöscht. „Unsere Einsatzkräfte waren zwölfeinhalb Stunden im Einsatz, deshalb habe ich aus Gründen des Arbeitszeitschutzes auch eine Nachschlafzeit bis 12.30 Uhr angeordnet“, berichtet Schuberth.

Weitere Löscharbeiten wegen erneutem Aufflammen der Papierrollen waren gestern Mittag notwendig.

Eine Einsatz-Nachbesprechung erfolgt kommenden Dienstagabend im Rahmen des Ausbildungsabends der Schleizer Wehr. Die Nacharbeiten des Einsatzes dauern schätzungsweise bis Freitag an.