....unser Bericht
zum Einsatz!
 
Verkehrsunfall mit radioaktiver Ladung auf der Bundesautobahn bei Schleiz
Großes Lob an alle Beteiligten für den umsichtigen Umgang mit dem außergewöhnlichen Gefahrstoff
 
 

Einsatz der Feuerwehren Schleiz, Hirschberg und Triptis am 15.05.2012

 

Noch zwei Stunden zuvor war es im Schleizer Oberland gemütlich warm. Um die 18°C maßen die Thermometer im Zentrum der Kreisstadt. Dann plötzlich Blitz, Donner und Schneefall - ein Temperatursturz der groß genug war, um den Schnee liegen zu lassen und Glätte zu bilden.

Vermutlich war es auch der Grund für den Unfall auf der Bundesautobahn 9 am Kilometer 226,5 Richtung Berlin. Ein Spezial- Kleintransporter krachte in die Leitplanke und stürzte anschließend auf die Seite. Die Ladung? Röntgentechnik mit einem Röntgenindikator mit radioaktiven Selen 75 im extra dafür vorgesehenen Behälter verpackt.

Eigentlich kann nichts passieren mit einem solchen kleinen "Mini-Kastor", aber warum dann  nur "eigentlich"?

Als die Kameraden der Feuerwehren Schleiz, Hirschberg und Triptis gegen 19:41 Uhr zum Verkehrsunfall mit einer radioaktiven Ladung alarmiert worden, da war allen bewusst, das wird ein außergewöhnlicher Einsatz. Bis zum Eintreffen der Feuerwehr hatten die zum Glück unverletzten Insassen des Fahrzeuges und die Beamten der PI Saale-Orla beste Vorarbeit geleistet. Die Bundesautobahn wurde zunächst auf der Richtungsfahrbahn Berlin und anschließend auch auf der Gegenfahrbahn aus Sicherheitsgründen voll gesperrt.

Die Spezialisten des Fahrzeuges selbst hatten bis zum Eintreffen der Feuerwehr bereits den Sicherheitsbehälter geborgen und mit ersten Mitteln auf möglichen Strahlungsaustritt untersucht. Ihr Messgerät war leider im Fahrzeug verkeilt. Die Sicherung des Fahrzeuges im fließenden Verkehr war dazu noch sehr gefährlich. Kaum hatte der Fahrzeugführer eine Sicherungslampe aufgestellt, da zermalmte sie auch schon ein nachfolgender Lastzug unter seinen Rädern.

Die Feuerwehr Schleiz sperrte zunächst einen Schutzradius von 50 Metern komplett ab und erklärte ihn als möglichen Strahlungsraum. Mit eigenen Mitteln konnten die Einsatzkräfte aus Schleiz die notwendigen Messarbeiten nicht durchführen, da zur Ausstattung des Gefahrgutwagen-G2 keine Strahlenschutztechnik gehört.

Auch wenn es sehr unwahrscheinlich ist, das durch einen Verkehrsunfall ein solcher Spezialbehälter beschädigt werden kann, ist die absolute Sicherheit für dessen Unversehrtheit nur durch Messungen möglich. Dazu waren die Kameraden aus Hirschberg mit dem GW-Mess, die Kameraden aus Triptis mit dem ABC- Erkunder sowie die Kameraden aus Wurzbach mit dem GW- Atemschutz/ Strahlenschutz angefordert worden. Letztere konnten am Standort verbleiben, weil die Lage eine vorsichtige mögliche Minimierung der Einsatzkräfte ergab. (Trotzdem vielen Dank für die Einsatzbereitschaft)

Nach der Ausrüstung der Einsatzkräfte aus Hirschberg und Triptis konnten zunächst die beiden Insassen des Unfallfahrzeuges auf mögliche Strahlenbelastung untersucht werden. Ein erstes Aufatmen war zu spüren, nachdem die Messgeräte keine außergewöhnliche Konzentrationen feststellten. Auch die nähere Untersuchung der geborgenen Ladung ergab schlussendlich: Der Sicherheitsbehälter hatte den Unfall standgehalten.

Nach den fast einstündigen Messungen rund um das Fahrzeug konnte Entwarnung gegeben werden. Alle Messwerte waren im normalen Bereich. Sofort wurde die Gegenfahrbahn wieder freigegeben und fieberhaft an der Beseitigung der Unfallspuren in Richtung Berlin gearbeitet.
Bereits um 21:40 Uhr waren beide Richtungen der Bundesautobahn 9 bis auf eine Fahrspur in Richtung Norden wieder freigegeben.
Um 22:55 Uhr konnte der Besatzung eines weiteren angereisten Spezialtransporters die teuflische Ladung übergeben werden. Das verunfallte Fahrzeug war bis dahin bereits geborgen worden. Die Kameraden der Feuerwehr Schleiz reinigten die Fahrbahnen.
Gegen 01:00 Uhr waren alle Fahrzeuge wieder gereinigt und einsatzbereit an ihrem Standort.

Doch irgend etwas ist außergewöhnlich an dem Unfallort? Die Unfallstelle liegt auf einem Bergeinstück gleich nach der Abfahrt Schleiz. Fast an der gleichen Stelle verunglückte am 09.12.1994 ein mit 22.000 Liter Propangas beladener Lastzug. Auch damals ging alles glimpflich ab, obwohl es wie diesmal erst gar nicht danach aussah. Auch damals war es gespenstisch ruhig auf der Autobahn, weil sie in beide Richtungen aus Sicherheitsgründen voll gesperrt werden musste.

Die Schleizer Einsatzführung dankt allen Einsatzkräften von Polizei, DRK und den beteiligten Feuerwehren, für die gute und umsichtige Zusammenarbeit. Ein ausgesprochen hoher Ausbildungsstand und überlegtes Handeln hat einerseits jegliche Gefährdung für Mensch, Tier und Umwelt ausgeschlossen und anderseits mit geringen Mitteln und auch in einem äußerst kurzen Zeitraum zum Ziel geführt. Das Lob geht außerdem an die Mitarbeiter der Rettungsleitstelle, die nicht nur mit guten Informationen und richtiger Koordination agierten sondern auch verhinderten, das vor Eintreffen der Feuerwehr Rettungskräfte des DRK zum Einsatzort gelangten. Auch dessen Schutz ist uns wichtig und deshalb Herzlichen Dank!

 

Nachtrag am 17.05.2012:  Für die immer wieder kritischen Beobachter unserer Einsatztätigkeit:  Der Einsatz der Messtrupps war eine reine Sicherheitsmaßnahme. Wir konnten auf Grund der vorliegenden Informationen vor Ort (Warngerät der Besatzung hatte nicht angeschlagen) von einem intakten Sicherheitsbehälter ausgehen. Die Einsatzleitung entschied dennoch eine Sicherheitsmessung - dafür ist weder der Einsatz einer DEKO noch eines gesamten Gefahrstoffzuges notwendig.

In diesem Zusammenhang bitten wir alle (meist nicht mit Details von vor Ort wissenden) Kritiker, doch einmal den direkten Weg zu uns zu suchen, wenn man die Einsatztaktik anders sieht. Das Podium anonymer Kommentare im Onlineportal der OTZ hilft keinen weiter, auch nicht, wenn Einsatztaktiken falsch gewesen sein sollten.