Gesellschaft geteilt wie bei Corona:  Vorbereitung auf das, was (nicht) kommt?
 
Spätestens seit der Corona-Pandemie wissen wir, wie gespalten die Gesellschaft in ihrer Wahrnehmung und Sorge sein kann. Nun erleben wir es wieder. Der nahende (oder auch nicht) Blackout zeigt erneut auf, dass die Meinungen völlig auseinander gehen. Völlig widersprüchliche Informationen von "Experten" aus höchster Ebene bringen die Menschen in ganz Europa in eine unruhige Zeit, wo kaum noch auszumachen ist, was wohl der richtige oder falsche Weg ist.

Für uns Rettungskräfte ist die gesamte Situation mehr als eine Herausforderung. Obwohl wir bereits ständig am Limit arbeiten, bereiten wir uns nun eher schon gezwungen auf ein unkalkulierbares Ereignis vor. Seit Wochen planen wir nun, was auf uns zukommen könnte, wenn doch das eintritt, woran wir eigentlich gar nicht glauben wollen. Zudem müssen viele Dinge mit verschiedenen Behörden und Partner abgesprochen oder gar ausprobiert werden. In gewissen Umfang entstehen dabei Kosten, die die Einsatzkräfte aber möglichst geringhalten wollen, schließlich benötigen wir die Finanzmittel für unsere Kernaufgaben.

Doch einfach sind die Planungen nicht, weil vor allem übergeordnete Behörden noch keine konkreten Pläne vorgelegt haben. Auch aus Sicht unserer Stadtverwaltung liegen uns noch keine Planungen vor, außer, dass der Bürgermeister den Stadträten schon mal 27.000,00 € für den Blackout abgerungen hat.

In einer ersten Schulung hat der Schleizer Stadtbrandmeister nun die Einsatzkräfte über den aktuellen Planungsstand informiert.
(mehr auch dazu im Artikel der OTZ vom 06.12.2022- siehe unten)
 
 
 
Bericht der Ostthüringer Zeitung (OTZ) vom 06.12.2022
 

Von Wärmeraum bis Spritdepot

 

Schleiz. Die Schleizer Einsatzkräfte der Feuerwehr erhielten ihre erste Schulung im Katastrophenschutz bei längerem Stromausfall.

 

Die Einsatzkräfte der Stützpunktfeuerwehr Schleiz sowie der Schleizer Ortsteile wurden jetzt über ihre Einsatzmaßnahmen im Falle eines längerfristigen, flächendeckenden Stromausfalls geschult. Die Schulung, an der rund 60 Einsatzkräfte teilnahmen, fand im Saal des Schleizer Feuerwehrgerätehauses statt.

 

„Zuallererst gilt es festzustellen, ob es sich wirklich um einen flächendeckenden Stromausfall handelt oder nur um einen lokal begrenzten, der zum Beispiel durch eine beschädigte Leitung verursacht wurde“, mahnte der Schleier Stadtbrandmeister Ronny Hofmann zur Besonnenheit um das viel diskutierte Thema Blackout.

Sollte es tatsächlich zu einem längerfristigen, flächendeckenden Stromausfall kommen, wovon der Stadtbrandmeister nicht ausgehe, gäbe es für die Schleizer Einsatzkräfte nun einen Verfahrensplan, wie die Einsatzbereitschaft aufrechterhalten und die Bevölkerung zumindest in vakanten Bereichen geschützt werden kann. Denn konkrete Notfallpläne für einen Blackout gäbe es vonseiten des Landratsamtes und des Freistaates noch nicht.


Den Blackout, so der Stadtbrandmeister, habe er im Feuerwehrgeschehen in drei Phasen unterteilt. Die erste Phase betreffe dabei die ersten vier Stunden des Stromausfalls. In den ersten beiden Stunden käme es zum totalen Stillstand. Weder elektronische Türen noch Bankautomaten würden funktionieren, dadurch käme der gesamte Warenhandel und Zahlungsverkehr – mit allem, was dazu gehört – zum Erliegen.

 

Für die Einsatzkräfte würde es durch den Ausfall von Brandmeldeanlagen, Aufzügen und dergleichen zu Alarmierungen kommen. Davon abgesehen gehe Ronny Hofmann ohnehin von einem selbstständigen Einfinden der Einsatzkräfte der Stützpunktfeuerwehr in den ersten beiden Stunden im Gerätehaus aus.

 

In der Folge würden die Kontaktaufnahme zur Rettungsleitstelle und anderen Stellen zur Lageabfrage sowie die ersten Rettungen mit geringem Personaleinsatz, zum Beispiel bei ausgefallenen Fahrstühlen, erfolgen. Zudem würde die Feuerwehr die zweite Phase, insbesondere den Ausfall der Kommunikation, vorbereiten.

 

Dazu würde eine Notstromversorgung für den analogen Funk an dem entsprechenden Funkmast durch die Feuerwehr erfolgen sowie das Feuerwehrgerätehaus auf den Notbetrieb umgestellt. Das bedeutet, dass unter anderem alle nicht unbedingt notwendigen Stromverbraucher im Gerätehaus getrennt werden, damit das Gerätehaus durch einen Notstromaggregat betrieben werden kann. Technische Umbauten dazu würden zeitnah erfolgen, so Hofmann.

In der zweiten Phase, die ab fünf Stunden Stromausfall beginnt, werde batteriebetriebene Analogfunktechnik an alle Ortsteile von den Kräften der Stützpunktwehr ausgeteilt. Dazu wurde bereits eine Absprache mit einem ansässigen Händler getroffen, der die Batterien für den Ernstfall bereit hält. Die Standorte der Analogfunktechnik in den Ortsteilen werde zurzeit noch im Detail geklärt. Der Analogfunk soll dazu dienen, dass Hilferufe von den Ortsteilen beim Ausfall der Telefontechnik abgesetzt werden können.

 

So soll in Oberböhmsdorf das Bürgerhaus als zentraler Anlaufpunkt gelten sowie in Gräfenwarth der Feuerwehrgerätehaus-Container, in Grochwitz das Fischereivereinshaus, in Burgk das Kinderheim, in Möschlitz das Feuerwehrgerätehaus, in Langenbuch das Bürgerhaus und in Crispendorf das Feuerwehrgerätehaus. Die entsprechenden Funkkanäle wurden den Einsatzkräften bekannt gegeben.

 

Das Schleizer Feuerwehrgerätehaus werde in einem Zwölf-Stunden-Schichtbetrieb dauerhaft besetzt sein. In Einsatzpausen soll der Kommunikationsaufbau zudem zu Teilen der Verwaltungsgemeinschaft Seenplatte, nach Saalburg und Ziegenrück erfolgen, wo ebenfalls das Einsatzgebiet der Schleizer Feuerwehr ist. Darüber hinaus wird unter anderem die Verpflegung der Einsatzkräfte sichergestellt sowie Ruheräume für diese eingerichtet werden.

 

Der Saal des Feuerwehrgerätehauses werde als Notunterkunft vorbereitet. Dort soll für etwa 80 Menschen, vorrangig Menschen aus dem Altersheim und Menschen mit Handicap, ein Aufenthalt im Warmen möglich sein. Ein entsprechender Test mit einem netzunabhängigen Warmluftgebläse ist dazu bereits erfolgt. „Bei einem Ausfall der Heizungsanlage im Altenheim im Winter wird das Krankenhaus nicht die Kapazitäten haben, jeden Bewohner aufzunehmen, sondern nur die, welche bettlägerig sind“, so Hofmann.

 

Bevölkerung sensibilisieren

Parallel dazu wird die Einsatzbereitschaft der Stromerzeuger der Schleizer Feuerwehr durch die manuelle Förderung und mobile Lagerung von Treibstoff aus den Treibstoffbunkern einer Tankstelle erfolgen. Entsprechende Bevorratungsabsprachen sind dazu bereits mit Stadtverwaltung und Feuerwehrführung, wie bei den Absprachen mit Händlern, getroffen worden. Zudem gab es in den vergangenen Wochen bereits erfolgreiche Übungen bezüglich der Kraftstoffentnahme aus den Treibstoffbunkern.

 

Eindringlich appellierte Stadtbrandmeister Ronny Hofmann an die Einsatzkräfte, auch die Bevölkerung für die Vorbereitung des Ernstfalles zu sensibilisieren. Dazu würde gehören, sich mit Nahrungs- und Wasservorräten, Medikamenten und Leuchtmitteln wie batteriebetriebene Lampen nebst Batterien und Kerzen zu bevorraten. Ebenso sollten die Menschen auf ihre Mitmenschen achten und Kontakt aufnehmen, etwa zu Pflegebedürftigen, zu denen kein Pflegedienst oder Essen-auf-Rädern mehr kommen könnte.

 

Auch die Überprüfung von Fahrstühlen auf festsitzende Menschen sei wichtig. Die Notrufsysteme der Fahrstühle basieren auf dem Mobilfunknetz, welches von einem flächendeckenden Stromausfall auch betroffen sei. In diesem Zusammenhang bat Ronny Hofmann, das Informationsblatt über Fahrstühle im Schleizer Stadtgebiet, das auf der Internetseite der Schleizer Feuerwehr abgerufen werden kann, auszufüllen, damit es im Ernstfall zu einer schnellen und schadensarmen Rettung kommen kann.