....unser Bericht
zum Einsatz!
 
42 Kilometer langer Parkplatz auf der Bundesautobahn 9 bei Schleiz bis weit ins Bundesland Bayern
10.01.2019   Es war der bisher noch unbekannte Winter, der zu seinem Auftakt wohl zum größten Stau der letzten Jahre auf der Bundesautobahn 9 bei Schleiz führte. Doch das ganze Unheil nur auf das Wetter schieben, das geht so dann auch nicht. Klar ist, es braucht Gründe, um das Chaos zu erklären. Wir könnten Ihnen nun eine ganze Palette davon anbieten- tun wir aber lieber nicht, um niemanden zu verärgern.

Nun erst mal zu ein paar Zahlen.
Rein statistisch betrachtet benötigt man für einen Lastzug ca. 25 Meter Fahrbahn, um ihn abzustellen und etwas Abstand untereinander einzuhalten. Bei 30 Kilometer Stau (bis zur Landesgrenze) sind das auf 3 Fahrspuren 3.600 Lastzüge. Wenn man dann die im Stau festsitzenden rund 300 Pkw wieder abzieht, kann man davon ausgehen, dass in diesen Megaustau nur bis zur Landesgrenze rund 3.000 Lastzüge alleine in Thüringen standen.

Mit der Aufgabe, eine Einsatzlage für eine möglichen Stauversorgung auf der Bundesautobahn 9 zu erstellen, wurde der Schleizer Stadtbrandmeister um 03:23 Uhr alarmiert. Das erfolgte mit dem geländegängigen Rüstwagen, wurde über parallel verlaufenden Straßen zwischen der Anschlussstelle Schleiz und Dittersdorf festgestellt und dem Landratsamt mitgeteilt.
Bis zur Nachalarmierung weiterer Einsatzkräfte aus Schleiz (bereits um 04:02 Uhr) war eine ungefähre Staulänge von elf Kilometern zu verzeichnen.

Im Einsatzstab des Landratsamtes wurde nun in Absprache mit dem Einsatzkräften vor Ort geprüft, ob eine Versorgung von festsitzenden Autofahrern sinnvoll ist oder nicht. Dazu muss man wissen, dass teilweise bis zur einem Kilometer nicht ein einziger Pkw im Stau stand, sondern nur Lastzüge. Die Brummi-Fahrer benötigen aus der Erfahrung der Vergangenheit in der Regel keine Verpflegung, weil sie durch ihren Job selbst eh immer auf längeren Fahrten unterwegs sind. Die wenigen Pkw wären nur mit extrem weiten Fußmärschen der Einsatzkräfte zu erreichen gewesen.
Zudem hätte sich der Plan der Beamten der Autobahnpolizei, dem Autobahnmeister und dem Einsatzleiter der Feuerwehr widersprüchlich zu einer Stauversorgung erwiesen. Die Fahrzeuge sollten nun nach und nach wieder weiterfahren können.
Der Aufwand dazu war allerdings für die bewusst wenigen eingesetzte Kräfte von THW, Feuerwehr, Polizei und mehreren Schnee-Räumfahrzeugen enorm.

Dieser Plan war die einzige Lösung, den immer weiter anwachsenden Stau zu beseitigen. Mit einem Schneepflug, dem ELW und dem Rüstwagen fuhren die Einsatzkräfte in Begleitung der Polizei entgegen dem Stau.

Während die ersten Kameraden den Weckdienst übernahmen, bemühten sich die anderen Einsatzkräfte, festgefahrene Fahrzeuge zu bergen und andere Stauprobleme zu lösen. Der Schneepflug der VIA-Gateway sorgte für eine befahrbare Fahrbahn, um weitere Blockierungen hinter den Einsatzkräften zu verhindern.

Erstes bis gegen 8 Uhr (4 Stunden!) andauerndes Problem war, dass eigentlich alle Fahrzeugführer in ihren Fahrzeugen schliefen und daher fast jeder einzeln geweckt werden musste. Freude kam da bei den Brummifahrern nicht auf, denn alle Fahrer hatten ihre Pausenzeit im EG- Kontrollgerät ihrer Lastzüge aktiviert und die Zeit war eben noch nicht ganz vorbei.

Über den ganzen Tag mussten insgesamt 16 Lastzüge wegen Eisglätte und 2 Lastzüge wegen technischen Defekten von THW und Feuerwehr abgeschleppt werden. Ein Klein-LKw wurde mittels Seilwinde aus dem Straßengraben gezogen und 2 Pkw wurden von der Polizei abgeschleppt.
Zwei Fahrzeugen im Stau war der Kraftstoff ausgegangen und sie wurden von der Feuerwehr betankt. Zwei weiteren Pkw leisteten die Einsatzkräfte Starthilfe für die Batterie.

Kurz nach den Mittag waren die Einsatzkräfte an der Anschlussstelle Schleiz und das THW wurde zur Verstärkung in das Blockweise abzuarbeitende Problem zur Staubeseitigung eingebunden.

Die Einsatzführung der Autobahnpolizei, VIA-Gateway und Feuerwehr arbeiteten zusammen, als wäre es noch nie anders gewesen. Ein Austausch der Einsatzkräfte wurde zwischenzeitlich abgewogen, dann aber nur bei den schon über die ganze Nacht fahrenden Winterdienstkollegen durchgeführt. Alle anderen Einsatzkräfte waren festem Willens, die Aufgabe weiter zu lösen und keine Leerlaufzeiten zuzulassen.

Mehrere Einsatzkräfte sind den fast den gesamten Megaustau bis zur Landesgrenze nach Bayern (30 Kilometer) entgegengesetzt abgelaufen. Vermutlich gab's Kameraden, die noch nie an einem Tag so viele Kilometer gelaufen sind. Drei Radiosender und ein Fernsehteam nahmen Kontakt mit den Einsatzkräften auf und berichteten den ganzen Tag von diesem Ereignis. Der Stau war an der Landesgrenze um 15:25 Uhr aufgelöst. In Bayern standen da aber immer noch 12 Kilomter weit die Fahrzeuge in Richtung Berlin. Erst gegen 18:30 Uhr waren alle Einsatzfahrzeuge der Schleizer Feuerwehr gereinigt und einsatzbereit am Standort....

....genau in diesem Moment, kam die nächste Alarmierung für die Schleizer Feuerwehr zum Industriehallenbrand nach Mühltroff (Sachsen)..


Wir danken den Einsatzkräften der Autobahnpolizei, des Technischen Hilfswerkes aus Rudolstadt, der Mitarbeiterin der VIA-Gateway, dem Landratsamt und der Rettungsleitstelle in Saalfeld für die gute Zusammenarbeit.



 
   
   
 
 
 
 
Riesen-Stau auf der A 9 – Schleizer Stadtbrandmeister über Vernunft und Lkw-Schneeketten
(OTZ vom 11.01.2019)
 
 

Schneefall sorgte für einen kilometerlangen Stau auf der Autobahn 9. Die Fahrer Dutzender Lastwagen mussten die Nacht zu Donnerstag in ihren Fahrzeugen auf der Autobahn verbringen. Ein Gespräch mit dem Schleizer Stadtbrandmeister Ronny Schuberth.

Schleiz. Ein Funkgerät knistert laut, der Schleizer Stadtbrandmeister Ronny Schuberth bestätigt kurz die Verbindung und gibt Anweisungen durch, wie seine Leute nun auch die letzten Ausläufer des Riesenstaus auf der A 9 räumen sollen. Starker Schneefall und liegengebliebene Lastwagen hatten seit Mittwochabend Teile des Streckenabschnitts zwischen Hermsdorfer Kreuz und bayerischer Landesgrenze lahmgelegt .

Schuberth sitzt im Einsatzfahrzeug der Freiwilligen Feuerwehr Schleiz irgendwo zwischen den Anschlussstellen Schleiz und Bad Lobenstein. Seit dem frühen Donnerstagmorgen sind er und seine Kollegen sowie das technische Hilfswerk, die Autobahnpolizei und Straßenwärter im Einsatz, um den im Zuständigkeitsbereich der Schleizer Wehr etwa 30 Kilometer langen Stau aufzulösen. „So, jetzt bin ich ­bereit“, sagt Schuberth. Für den erfahrenen Feuerwehr-Verantwortlichen ist es nicht der erste Stau dieser Art, daher hat er ein paar Tipps für das Überleben auf der Autobahn im Winter.

 

Haben Sie einen Stau dieser Länge und Dauer schon einmal erlebt?

Ja, wir haben solche Staus schon gehabt. Ich weiß nicht genau, ob es das Jahr 2010 mit dem Schneebruch war, aber wir hatten auf unserem Abschnitt der Autobahn 9 auch schon einmal einen 48-Stunden-Stau.

 

Anscheinend blockierten Lastwagen die Fahrbahn. Wie kann das passieren?

Das Grundproblem war das Wetter. Die Lastwagen kamen ursächlich an einem Berg bei Triptis beidseitig zum Stehen und leider sind massenhaft Lkw auch auf die dritte Spur gefahren und dort stecken geblieben. Damit kamen weder Pkw noch Räumdienste durch. Wenn dann einmal alles steht und es weiter schneit, dann ist es halt vorbei.

 

Was können die Einsatzkräfte da machen?

Die Lage muss erst einmal im Zentrum der Polizei analysiert und erkannt werden. Es nimmt etwas Zeit in Anspruch, bis klar ist, was los ist. Die Polizei erreicht in so einem Fall auch nicht so schnell den Ort des Geschehens. Gegen 22 Uhr am Mittwochabend lief der Verkehr im Bereich Triptis eigentlich wieder. Aber dann staute es sich leider von der Anschlussstelle Dittersdorf aus auf, und in diesem Moment haben sich die Fahrer schlafen gelegt. Das war das nächste größere Problem.

 

Wie viele Fahrer mussten durch Klopfen ans Fenster geweckt werden?

Hunderte. Es ist schwer einzuschätzen, denn die Polizei hat geweckt, das THW, die Feuerwehr. Eigentlich stand jeder Lkw mit ausgeschaltetem Licht da. Die Fahrer schliefen. Das ist ein normaler Vorgang. Die Lkw-Fahrer haben ihre Lenkzeiten und die nutzen einen solchen Stau, um sofort ihre Karte zu stecken und zu schlafen.

 

Wie reagieren die Menschen nach einer Nacht im Auto auf die Einsatzkräfte?

Es gibt sehr unterschiedliche Reaktionen. Einerseits wollen manche Fahrer eine einmal begonnene Pausenzeit gern auch durchziehen. Die beschweren sich dann, weil sie noch eine Viertelstunde stehen bleiben wollen. Andere kommen völlig übermüdet aus ihrer Kajüte und wissen überhaupt nicht so richtig, wo sie sind. Es gibt aber auch viele, die mit Daumen hoch den Einsatzkräften signalisieren: „Ey Leute, es ist toll, dass ihr das macht.“

 

Könnten sich Lkw-Fahrer mit Schneeketten selbst helfen?

Die wenigsten haben diese Schneeketten und wir reden von ganz anderen Dimensionen. Das Problem ist hier schlicht das erste Fahrzeug. Wenn sich die Räder der ersten Fahrzeuge nicht mehr drehen, können die dahinter tun und lassen, was sie wollen. Dann geht es für niemanden mehr vorwärts.

 

Wie ist die Feuerwehr aufgestellt, wenn jetzt irgendwo ein Haus brennt?

Wir haben grundsätzlich für solche Einsätze nur einen geringen Anteil der Kräfte gebunden, weil wir natürlich noch andere Aufgaben haben. Die Feuerwehr Schleiz ist hier mit neun Mann vor Ort. Aber auch von einem Stau geht eine Gefahr für die Menschen aus. Wir hatten über den Landkreis angefangen eine Stauversorgung der Festsitzenden zu organisieren, aber weil es dann wieder anrollte, unterblieb dies. Eine Versorgung ist nur möglich, wenn der Stau stehen bleibt. Wenn wir die Fahrzeuge in Bewegung bringen, wie in diesem Fall seit früh in der Nacht, dann macht das keinen Sinn. Die Helfer erreichen die Fahrzeuge schließlich nur zu Fuß. Meine Kameraden haben hier heute zum Teil schon zwischen 15 und 17 Kilometer hinter sich.

 

Was sollten Verkehrsteilnehmer im Winter unbedingt im Auto haben, wenn solches Wetter erwartet wird?

Grundsätzlich sollten sie erst einmal Vernunft im Auto haben. Als Zweites auf jeden Fall ausreichend Kraftstoff. Wenn die Gefahr besteht, dass es zu einem Stau kommt, sollte man nicht mit einem Vierteltank auf die Autobahn fahren. Wir haben heute einige betanken müssen. Zuletzt sollte man Dinge dabei haben, die wärmen: eine Decke, heiße Getränke. Man muss sich ein Stück weit selber versorgen, denn die Verkehrsteilnehmer haben keinen Anspruch, im Stau versorgt zu werden. Wenn, dann ist es eine Geste der Rettungskräfte, die wie ich angedeutet habe, organisatorisch höchst schwierig ist.