Abschlussübung Gefahrgut:
Chlorgasunglück im Schleizer Freibad
 

 
 
Wenn Sie in den vergangenen Tagen grüne Männlein in und rund um Schleiz gesehen haben, dann haben wir für Sie ein paar gute Nachrichten. Erstens, mit Ihnen ist noch alles in Ordnung, denn sie waren wirklich anzutreffen. Zweitens, es gab keine Probleme mit Unfällen und Unglücken, keine natürliche und unnatürliche Vorfälle....und Drittens, die Kameraden der Schleizer Feuerwehr haben intensiv für Ihre Sicherheit geübt.
Den Abschluss eines Gefahrgutlehrganges bildete nun eine Übung am Chlorgaslager am Schleizer Freibad. Trotz bestens gewarteter Technik, moderner Sicherheitseinrichtungen und optimaler Bedingungen kann man im sicherlich schönsten Freibad der Umgebung nicht davon ausgehen, dass nicht auch Unfälle mit den notwendigen Chemikalien passieren können. Jährlich gibt es mehrere Unglücke mit Chlorgas in Freibädern Deutschlands. Passend, kurz vor Eröffnung, haben nun die Kameraden der Schleizer und Möschlitzer Feuerwehr ein nicht ausgeschlossenes Szenario geübt, jenes natürlich auch in anderen Freibädern der Umgebung passieren kann.

Zuvor standen bei 26 Einsatzkräften der Schleizer Feuerwehr seit Jahresbeginn je 25 Stunden zusätzliche Spezialausbildungen auf dem Plan. Der Umgang mit Gefahrgutunfällen zählt immer noch zur "Königsklasse" der Feuerwehrarbeit und ist auch im Landkreis Saale- Orla nur auf wenige Feuerwehren in einem Gefahrgutzug aufgeteilt. Diese Unfälle gelten als die schwierigsten und gefährlichsten Einsätze, da sie vor allem wegen der nicht direkt sichtbaren Gefahr von Chemikalien, biologischen oder radioaktiven Stoffe besonders tückisch sind.

Dabei sind Unfälle mit Gefahrstoffen auch für die Schleizer Feuerwehr keine Seltenheit. Unfälle mit Lastzügen, geladen mit tausenden Litern 35 Prozentigen Wasserstoffperoxid oder auch mit anderen chemischen Produkten bis zum Unfall mit radioaktiven Selen 75, es war schon einiges in den vergangenen Jahren dabei, wo die Kameradinnen und Kameraden ins Schwitzen kamen. Auch zwei Zwischenfälle in einer Schleizer Firma allein im Jahr 2015 gelten als Gefahrgutunfälle, zudem bis heute seitens des Betreibers noch keine Hinweise gegeben wurden, welchem Stoffen die Einsatzkräfte überhaupt ausgesetzt waren.

Wenn man unter schweren Atemschutz arbeiten muss, dann weiß man grundsätzlich mit der hohen Belastung umzugehen. Dafür muss man regelmäßig eine spezielle medizinische Untersuchung bestehen. Das richtige Arbeiten, die Gewöhnung an die Belastung und eine sichere Handhabung der Atemschutztechnik muss dann einmal pro Jahr auf einer Übungsanlage und zusätzlich durch einer weiteren Übung oder einem scharfen Einsatz nachgewiesen werden.
Doch in einem schweren Chemikalienschutzanzug (CSA) zu arbeiten, ist noch einmal eine deutliche Erhöhung der Herausforderung und vergleichbar mit Spitzensport. Dabei sieht die Arbeit mit dem Anzug nicht nur unbeholfen aus, sondern ist auch besonders schwierig. Insgesamt drei Paar Handschuhe übereinander lassen nur noch ausgewählte grobe Tätigkeiten mit den Händen zu. Daher ist jeder vorbereitende Arbeitsschritt durch die Kameraden außerhalb des inneren Absperrkreises lebenswichtig. Wenn auch der Vorbereitungsplatz für den Laien etwas unkontrolliert wirkt, für die Arbeit von zwei Kräften im CSA sind die rund 20 Mann im Vorbereitungsbereich voll beschäftigt. Ein Rettungstrupp sowie ein Dekontaminierungstrupp müssen bereitstehen, wenn die Kräfte mit ihren außenluftunabhängigen Spezialanzügen vorgehen.

Die Übung selbst wurde mit Einschränkungen vorgenommen. Im Normalfall wäre bei dem Einsatz niemand mehr in die Schleizer "Siedlung" hinein oder hinaus gekommen. Ein Innerer Absperrkreis mit rund 50 Meter Radius und ein äußerer mit 100 Meter hätte sämtliche Zufahrten lahmgelegt. Um die Belastung der Bevölkerung zu minimieren, legte der Übungsleiter die Verkürzung der Absperrgrenzen für die Übung auf 35 Meter für den inneren Absperrkreis fest, in dem nur unter CSA vorgegangen werden durfte. Der
äußere Absperrkreis wurde nur fiktiv gebildet,

Chlorgas wird in Freibädern unter Dosierung zur Reinigung (Entkeimung) der Wassers verwendet. Das Gas wird im Freibad Schleiz in mehreren Druckflaschen in einem speziellen Lager mit Sprinkleranlage (Auslösung bei Stoffaustritt) gelagert. Das Gas selbst ist atemgiftig und hat eine reizende und ätzende Wirkung. In Verbindung mit Wasser bildet es Salzsäure und eine unterchlorige Säure. Daher sind auch nur spezielle Chemikalienschutzanzüge und säurebeständige Spezialausrüstung der Feuerwehr einzusetzen. Hauptaugenmerk beim unkontrollierten Austritt von Chlorgas ist auf die Niederschlagung der giftigen Chlorgaswolke zu legen.
Chlorgas kann schon bei einer Konzentration von 50 ppm tödlich sein, bei 1000 ppm gilt es als sicher tödlich. Im Übrigen sollten Reanimationsmaßnahmen nach Chlorgasunfällen nie mit direkter Mund- zu Mund Beatmung erfolgen.

In Absprache mit den Mitarbeitern des Freibades wurde die Übung vorbereitet. Da die Übung als Abschluss des Gefahrgutlehrganges galt, wurden zusätzliche Elemente ins Geschehen eingefügt, die eigentlich beim Chlorgasunfall nicht zum Tragen kommen.
Neben einem fiktiven Zwischenfall mit einen unter Belastung zusammengebrochenem Kameraden, kam es auch zu einer technischen Fehlfunktion verwendeter  Feuerwehrtechnik, die nun neben der üblichen Fehlerauswertung einen besonderen Augenmerkt der Schleizer Wehrführung erhalten hat.

Die Einsatz- und Übungsführung bedankt sich bei allen Unterstützern der gesamten Ausbildung und Abschlussübung, bei den Mitarbeitern des Freibades, dem Ausbilder Stefan Eitner der FFw Triptis, den eigenen Ausbildern sowie auch bei den Frauen der Einsatzkräfte für die gute Versorgung zum Wochenendlehrgang.
 
   
 
Allein das Anziehen der Chemikalienschutzanzüge ist schon eine Herausforderung. Darin arbeiten gilt als höchste Belastung.
 
 
 
Bei Chlorgas nicht notwendig, doch im Rahmen der Übung gefordert:
Erdung der gesamten Technik im inneren Absperrkreis wegen möglicher statischer Entladung.
 
 
 
 

 
 
Hilfe für einen wegen zu hoher Belastung "zusammengebrochenen" Kameraden.Trotz allem musste er erst durch die Dekontamination (Not- DEKO).
Die Einsatzkräfte aus Möschlitz unterstützten vor allem Arbeiten bei der Absperrung, Ersten Hilfe und Wasserversorgung.
 
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Bilder vom Wochenendlehrgang
 
  
 
 
 
 
 
 
 
 
Die Schleizer Wehrführung bedankt sich bei allen Einsätzkräften für die gute Zusammenarbeit während der gesamten Ausbildung und Abschlussübung.