64 Jahre nach Bombardierung der Stadt Schleiz wurde Fliegerbombe gefunden und musste gesprengt werden

Bombe im 2. Versuch erfolgreich gesprengt

zum Bericht der OTZ vom 25.09.2009
Die Schlosstürme von Schleiz erinnern an den schrecklichen Tag der Bombardierung der Stadt Schleiz- am 08.April 1945- kurz vor Ende des 2. Weltkrieges. Unmittelbar vor diesem Wahrzeichen wurde während Bauarbeiten am 24.09.2009 eine 68 Kilo- Bombe gefunden. Im weiteren Umkreis mussten hunderte Menschen evakuiert werden, dabei eine Schule, das Amt für Arbeit und ein Ärztehaus.
Die Kameraden der Schleizer Feuerwehr wurden um 11:46 Uhr alarmiert um die Einsatzkräfte der Polizeiinspektion Saale- Orla bei der Absicherung und Evakuierung umliegender Gebäude zu unterstützen.
 
 
Wie schon auf den ersten Blick zu sehen, war die Bombe in einem äußerst schlechten Zustand.

 
Gegen 13:15 Uhr begannen die Entschärfungsarbeiten. Nach ersten Untersuchungen durch den Kampfmittelbeseitigungsdienst Tauber wurde festgestellt, dass einer der Zünder vermutlich schon beim Abwurf stark beschädigt wurde, der Andere war extrem korrodiert.

 

 
Die Bombe konnte in dem vorgefundenen Zustand nicht entschärft werden. Eine Sprengung vor Ort war allerdings auch ausgeschlossen, zu groß wären die Schäden an umliegenden Gebäuden gewesen. Somit war die nächste Aufgabe der Beamten der Polizei klar. Alle Straßen zwischen dem Fundort und dem Steinbruch der Hartsteinwerke Burgk (Nahe Gräfenwarth) mussten gesperrt werden.
Währenddessen "verpackten" die Mitarbeiter des Kampfmittelbeseitigungsdienstes die Bombe im bereitgestellten Spezialfahrzeug. Im Konvoi ging es kurz nach 14:00 Uhr in Richtung Steinbruch.
 
 
 
Im Gelände der Hartsteinwerke Burgk wurden unterdessen alle Arbeiten eingestellt. Alle Fahrzeuge mussten in sichere Entfernung verbracht werden.
 
 
 
Nun wurden die Sprengarbeiten vorbereitet. Leider riss bei der ersten Sprengung mittels elektrischem Hochladungszünder die Bombe nur auf. Im 2. Versuch wurde mit TNT nachgeholfen. Die Splitter der Bombe und umliegendes Gestein flogen mehrere hundert Meter weit.

Zurück bleibt jedoch ein mulmiges Gefühl. Die Arbeiten in der ehemaligen Einflugschneise der amerikanischen Bomber sind längst noch nicht abgeschlossen. Sowohl im Bereich Schloss aber auch auf dem Schleizer Neumarkt stehen noch in den nächsten Tagen und Wochen einige Tiefbauarbeiten an.
Hoffen wir für alle Beteiligten, dass die Hinterlassenschaften des Krieges nun endgültig aus der Geschichte von Schleiz gestrichen werden können.

Die Kameraden der Schleizer Feuerwehr wurden bereits um 14:45 Uhr zum nächsten Einsatz alarmiert.
 

Bericht der OTZ

Eine Stunde Stille

Erneut amerikanische Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg in Schleiz gefunden
Von OTZ-Redakteur Uli Drescher Schleiz. "Machen wir noch eine Abschiedsfoto mit der Bombe", witzeln die Männer der Firma Fachcenter Garten + STL-Bau GmbH Hauptmannsgrün am Schlossplatz in Schleiz. Sie sind gegenwärtig dabei, den bisher eigentlich gar nicht vorhandenen Schlossplatz in ein Schmuckstück zu verwandeln. Gegen 10 Uhr gestern Vormittag hob der Bagger dann ein Teil aus dem Boden, das ziemlich verdächtig aussah. Die Männer schlagen Alarm bei Manfred Russig von der Tauber Delaborations GmbH, der in Schleiz die Baustellen auf Hinterlassenschaften des Zweiten Weltkrieges untersucht.

Manfred Russig hat Schleiz-Erfahrung. In der Schneise, die am 8. April 1945 von amerikanischen Fliegerbomben gezogen wurde, hat er schon einige Blindgänger entdeckt. Gestern ahnt er sofort, dass der Bagger keine bombenähnliche Fahnenmastverankerung ausgegraben hat wie am Neumarkt in Schleiz. Sofort herrscht Ruhe auf der Baustelle. Russig ruft seinen Chef an. Als erster ist Dr. Wolfgang Seidel, Feuerwerker und Chemiker der Fa. Tauber vor Ort, wenig später Betriebsleiter Andreas West. Dr. Seidel kennt den Typ, der da am Schlossplatz in der Erde liegt. "150 lbs Fliegerbombe", meint er kurz. 150 lbs? "Na ja, das sind 68 Kilogramm", rechnet Seidel schnell die englischen Pfund um. Krumme Zahlen mag er nicht. Die Experten begutachten die Fundstelle und schätzen ab, welche Wirkung eine Detonation schlimmstenfalls haben könnte. Andreas West legt einen 300 Meter Sperrkreis fest.

Nun bekommen Polizei, Feuerwehr und Katastrophenschutz Arbeit. Handzettel werden in den Häusern verteilt, die Menschen aufgefordert, sich in Sicherheit zu bringen. Im Krankenhaus wird abgeklärt, ob für den Notfall Betten zur Verfügung stehen. "Es gab viel Verständnis für die Maßnahmen", sagt Hauptkommissar Dieter Albersdörfer, der vor Ort den Einsatz koordiniert. Albersdörfer und seine Mitarbeiter in der Polizeiinspektion wissen, dass sie selbst auf gefährlichem Boden sitzen, der vielleicht auch noch weitere Überraschungen bereithält.

Es ist 13 Uhr. Auf der Baustelle am Schlossplatz laufen bei Polizei und Feuerwehr die Bestätigungen ein, dass die umliegenden Gebäude geräumt, die Schüler der Goetheschule in Sicherheit gebracht und die Bundesstraße umgeleitet wurde. Jetzt werden die Männer des Kampfmittelräumdienstes einsam.

Für Andreas West stehen schon über 40 Bombenentschärfungen zu Buche, Dr. Wolfgang Seidel hat nicht gezählt. "Es ist unser Job, man denkt nicht über die Gefahr nach. Da wächst einem eine gewisse Hornhaut", sagt West. Ein Foto vor dem ersten Handgriff wird trotzdem gemacht. "Damit es wenigstens eine Erinnerung gibt", scherzt Feuerwerker Seidel. Jetzt sind die Männer ganz allein.

Nach einer guten Stunde wird klar, dass die Sache so nicht zu Ende gebracht werden kann. "Beide Zünder der Bombe sind derartig deformiert, dass an ein Entschärfen nicht zu denken ist", so Andreas West. Die Evakuierung wird aufgehoben. Die Bombe tritt nun ihren letzten Weg an im Transporter der Kampfmittelbeseitigungsfirma. Zwischenzeitlich hatte die Polizei die Hartsteinwerke Burgk um Unterstützung gebeten, im dortigen Steinbruch die Bombe zu sprengen. Wieder müssen Straßen gesperrt werden für den nicht ganz ungefährlichen Transport.

Mit einem elektrischen Hohlmantelzünder soll dem Relikt aus dem Zweiten Weltkrieg unten in der Grube des Steinbruches der Garaus gemacht werden. Aber die Bombenexperten werden auf eine harte Probe gestellt. Der erste Sprengversuch geht schief. Die Bombe reißt auf, zündet aber nicht. "Der Sprengstoff ist zu trocken", sagt Andreas West. Nun kommt TNT-Sprengstoff zum Einsatz. Eine gewaltige Explosion erschüttert den Steinbruch. Um 15.25 Uhr ist der lebensgefährliche Spuk aus der Vergangenheit endgültig vorbei.